Sommerferien

© Eva Björk, Stockholm

 

In der Morgensonne

© Fischeiro: Spinnennetz im Gegenlicht

Meine Träume habe ich

wie Perlen auf seidene

Fäden gereiht

Meine Tränen

wie Tautropfen an

Spinnengewebe gehängt

Die Morgensonne

spiegelt sich in ihnen,

badet in Wehmut

Doch auch dieser Tag

wird zu Ende

gehen

Streunende Hunde

© Franz Marc: Der Fuchs

In der Erinnerung Gedanken

wie streunende Hunde

Im Traum Schatten, die mit klammen

Händen nach Türen tasten

Der Versuch dunklen Gefühlen

Einhalt zu gebieten: sich einen

Tag vorstellen, leichthäutig und blau

wie ihn die Amsel besingt

Hab und Gut

© Georgia O'Keeffe: White Rose With Larkspur

Allen werde ich etwas

zurücklassen

Dem Einen mein Hab

dem Anderen mein Gut

Doch dir, die ich liebe

lasse ich meine Worte zurück

und alle meine ungeschriebenen

Gedichte

Midsommar

Mittsommerfest heute überall in Schweden.

Keine Zeit für trübe Gedanken ... :-))

© Bara Blommor: Sommar4

Narben

© Gabriel Pechaco

Die Furcht in ihren Augen

die Narben an den Handgelenken

Sie sah mich an

doch ich war ohne Antwort

Das Haus I

© Jöran Nyberg: Bönhult

Heute kam ich an dem
Haus vorbei wo lange
meine Freunde wohnten

Dem Haus war anzusehen
dass es sich an mich erinnerte

Forellenquintett, Satz 4

© Laila Ataya: I believe in Fairytale

Das Forellenquintett

auf dem Plattenspieler

Satz 4 ist besonders schön

Bukowskis Gedichte

aufgeschlagen vor mir

weniger schön

Andererseits litt Schubert

an Syphilis

Das Leben ist vielfältig

Tag und Nacht II

© Astrosoft.de: Mitternachtssonne

Gegen den längsten

Tag des Jahres habe ich

nichts einzuwenden

Doch was soll ich mit

der kürzesten Nacht ...

Dieses plötzliche Wissen

© Natasha Villone: Looking At The Night Sky

Dieses merkwürdige Ziehen

in der Magengegend beim

Lesen eines guten Gedichtes

Der Schwindel als fiele man

ins Bodenlose, als hörte

die Zeit auf zu existieren

Dieses plötzliche Wissen

um alle Schönheit und alles

Elend unserer Welt

Warnung

© Jan Kretschmer.de

Ein Gefühl der Leere oder

des Erschreckens

will sich einstellen

Die Kreuzotter auf dem Weg,

die dunkle Wolke am Horizont -

wem gilt die Warnung?

Fliegenzeit



© Cynthia Breusch: Traveller

Wie die Eintagsfliege

Minuten zählt

so zähle ich die Jahre,

reiße gelebte Blätter

vom Kalender

und lasse sie achtlos

zu Boden fallen

was soll´s ...



Aussichtslos



© Juan Antonio Venegas: Cebras

Wie ich mich

auch anstrengen mag,

meine Texte bleiben

verständlich

Keine Aussicht

auf Nachruhm



An manchen Tagen

© Alison Thomas: Balance

An manchen Tagen dachte er
über sein Leben nach

Dann wünschte er sich, er könnte
die Uhren anhalten, abgerissene
Kalenderblätter wieder anheften,
ganz neu anfangen und dieses Mal
mehr Geduld haben

An manchen Tagen wünschte er sich
er könnte Dinge ungeschehen machen

Eine Art Liebesgedicht

© Melina Leibelt: I don´t know

Die Worte finde

ich leicht

wenn ich für dich

schreibe

Doch es sind stets

die gleichen Worte

Es ist immer Nacht

© Bestourism.com:Tango In Buenos Aires

Manchmal wenn mir die Sehnsucht

im Nacken sitzt, lege ich eine Platte

mit Astor Piazollas Musik auf -
"Buenos Aires Hora Cera"

Es ist immer Nacht wenn das

Bandoneon klagt. Tropische Bäume

wiegen sich im Wind

und die Seele tanzt Tango

Fragen

© Vladimir Volegov: From A Rose

Ich frage den Regen

„warum weinst du?“

Der Regen antwortet

„weil ich traurig bin“

Ich frage die Nacht

„um wen trauerst du?“

Die Nacht antwortet

„ich trauere um den Tag“

Ich frage meine Liebste

„warum bist du so traurig?“

und sie antwortet

„weil ich dich verlassen werde“

Nach allem





© Ray Caesar: A Private Affair

Trotz allem was war und

allem was sein wird

Es ist immer noch da

das Gefühl dich nicht

gefunden zu haben



Not macht erfinderisch

© Joselito Sabogal: Personaje Con Arboles Rojos

Sich aufmachen

hinter den Tagen

Nach Liebe suchen

im Wolfsland bis hin an

die Grenzen des Nichts

Vielleicht aber auch nur ein

Gedicht schreiben -

Not macht erfinderisch



Kleiner Mond

© Laurent Laveter: Mondbild

Deine Liebe ein

Traum am Horizont,

ein kleiner Mond

am Abendhimmel -

den ich versuche
festzuhalten

Im Hotel II

© Alex Prunés: Hotel de Paris

Neulich dachte ich mir ein
Hotel aus. Nur so ...

Ich dachte mir aus wie es
wäre dort zu wohnen,
nahm mir ein Zimmer, eine
junge Dame als Gesellschaft
und fühlte mich total einsam
und unglücklich

Völlig aus der Übung gekommen,
wie es scheint

Leicht verspätet

© Edward Lear

Die Schwalben

und die Nachtigallen

hat der Frühling

zurückgebracht

Nur die Hoffnung

ist leicht verspätet

Facebook

Facebook - die neue Religion der Jugend
und aller derer die jung erscheinen wollen.
Ein Gefühl der Nichtzugehörigkeit und des
Unverständnisses erfasst mich.

Wozu dieses "sich ausbreiten" vor anderen,
wozu alle diese angeblichen Freunde die
keine sind und was sollen die vielen
zum größten Teil sinnlosen Mitteilungen?

Im Hotel

© Ann Gargotto: Rome Street

Nachdem er die Minibar fast geleert hatte

kam ihm das Leben und das Zimmer

weniger trist vor. Er trat ans Fenster.

Zu sehen war nur die Leuchtreklame
am Haus gegenüber.

Am Abend hatte er die Frau kennen gelernt

und unter dem hämischen Grinsen des Portiers

mit aufs Zimmer genommen. Sie hatte zu viel

getrunken und war fast sofort eingeschlafen.

Jetzt lag sie und sah weniger attraktiv aus

als am Abend zuvor.

Draußen begann es hell zu werden.

In ein paar Stunden würde er einen

Geldschein zurück lassen und mit dem

Taxi zum Flugplatz fahren.

Sie hatte ihm wenig bedeutet doch allein

zu sein wäre noch schlimmer gewesen



Kleine Welt



© Otto Dix: Großstadt

Wie sicher sie scheint

unsere kleine Welt

auf ihren morschen

Fundamenten

Wie entfernt sie scheint

die schrecklich

große Welt

genau vor unserer Tür



Endstation

© Alex Prunés: Hotel

Ich lag lange wie gelähmt, betrachtete
das Muster der Tapete bis es
eingeätzt stand in der Netzhaut

Dachte an alle Menschen denen
ich begegnet war, alle Städte
durch die ich gereist bin

Dieses einfache Hotel, Endstation
alles in mir schrie nach Erklärung
schrie nach Erlösung

Da spulte ich den Film rückwärts ab
ließ mein Leben rückwärts laufen
radierte was falsch gelaufen war

Nun konnte mir niemand mehr
etwas anhaben, niemand mehr
etwas vorwerfen

Es war ganz einfach ...